In diesem sehr informativen Beitrag von arte TRACKS wird das Geschäft mit den Tickets unter die Lupe genommen. Und dabei kommen einige unschöne Auswüchse des Kapitalismus ans Licht. Wie zum Beispiel Dynamic Pricing.
Denn die Welt ist spätestens seit Corona aus den Fugen: Während Branchengiganten wie Live Nation, AEG oder CTS Eventim auch nach der Corona-Durststrecke im Geld schwimmen und Rekordumsätze einfahren, sieht die Welt bei kleineren Clubbetreibern und Bands ganz anders aus. Die Fans ab 30 Jahren aufwärts kommen immer schwerer vom Sofa hoch, die Kosten für eine Tourneeproduktion sind stark gestiegen und so wird touren für immer mehr Künstler:innen zum Luxus, den sie sich eigentlich gar nicht leisten können.
Währenddessen überlegen bei den großen Konzernen Menschen Michael Rapino, CEO von Live Nation, wie sie noch mehr Geld verdienen können. Und die Überlegung dürfte jedem BWL-Studenten Freudentränen in die Augen treiben: Wenn auf dem Schwarzmarkt teilweise weitaus höhere Preise für Tickets gezahlt werden, was folgt daraus? Logisch: Die Schmerzgrenze ist mit den regulären Preisen noch lange nicht ausgereizt.
Dynamic Pricing – Direkt aus dem Giftschrank des Geld scheffelns
So entstand Dynamic Pricing, bei dem Ticketkontingente zurückgehalten, also künstlich verknappt werden. Diese Tickets werden zu einem späteren Zeitpunk mit klangvollen Phantasiebezeichnungen wie „Platinum Ticket“ und zu völlig abstrusen Preisen angeboten.
Mit der Folge, dass beispielsweise Karten für Bruce Springsteen, den man ja eigentlich auf der Seite der Schwachen und Armen der Gesellschaft vermuten würde, für bis zu 5.000 Dollar gehandelt werden. Ob noch eine Servicegebühr aufgeschlagen wird, damit man sich die Tickets zu Hause selbst ausdrucken darf, ist dann auch schon egal.
Und der gute Bruce kann sich nicht damit herausreden, er könne nichts machen: Denn der Künstler hat das letzte Wort. Und natürlich auch die Künstlerin: Wie Veranstalter Berthold Seliger berichtet, sorgte Patti Smith bei Ihrer letzten Tour dafür, dass die Karten nicht mehr als 25 Euro kosteten.
Die Reportage auf arte ist ein wirklich sehr sehenswerter Einblick in die Welt des Entertainment, der sogar einen kleinen Hoffnungsschimmer bereit hält: Selbst wenn dieses verkommene Business durch Gier in sich zusammenbricht: Es wird immer gute Musik geben, am Ende eben wieder DIY und selbst organisiert. Dann geht der ganze Zirkus von vorne los.
Vielleicht besinnen sich die Branchengrößen ja aber auch vorher bei aller Gewinnerzielungsabsicht darauf, dass die großen Megastars von morgen nicht alle bei Castingshows herangezüchtet werden können. Es braucht auch die kleinen Clubs, in denen sie wachsen und gedeihen können. Aber kein Dynamic Pricing, bei dem Kunst und Kultur wie jede andere Ware auch meistbietend unters Volk gebracht werden.