Nachhaltige Veranstaltungen: It’s the audience, stupid!

Zum Beispiel Adele: Ihre zehntägige Konzertreihe im Sommer 2024 in München war ein musikalisches Großereignis, das Fans aus aller Welt anzog. Doch die Frage der Nachhaltigkeit stand kaum im Fokus der Veranstaltung. Die Umweltbilanz dieser Mega-Konzerte ist alarmierend: Vor allem die Anreise der Besucher verursachte enorme CO₂-Emissionen, die den eigentlichen Betrieb der Show bei Weitem übertrafen.

CO₂-Bilanz der Konzerte: Die Zahlen im Vergleich

Die zehn Konzerte fanden in einer speziell für Adele gebauten temporären Arena auf dem Münchner Messegelände statt. Der Vorteil dieses Formats: Die Bühne und Technik mussten nur einmal aufgebaut werden, was an sich nachhaltiger erscheint als eine klassische Tournee mit ständigen Ortswechseln. Doch die CO₂-Emissionen der Veranstaltung selbst, die für Strom, Infrastruktur und Technik anfielen, machten insgesamt etwa 5 Millionen Kilogramm CO₂ aus.

Im Vergleich dazu war der CO₂-Ausstoß durch die Anreise der Fans sechsmal so hoch: Die durchschnittliche CO₂-Belastung pro Besucher lag bei 41 kg CO₂, was sich bei 740.000 Gesamtbesuchern auf 30,3 Millionen Kilogramm CO₂ summierte. Besonders problematisch war die hohe Zahl an internationalen Gästen: Etwa 24 % der Konzertbesucher reisten per Flugzeug an, was allein 77 % der gesamten Anreise-Emissionen verursachte.

Diese Zahlen basieren zum Teil auf Schätzungen und nichtrepräsentativen Umfragen unter den Konzertbesuchern. Dennoch zeichnet sich ein klarer Trend ab: Die größte Umweltbelastung entsteht nicht durch die Veranstaltung selbst, sondern durch die An- und Abreise der Gäste.

War die Konzert-Strategie nachhaltiger als eine Tournee?

Die Entscheidung, alle Shows an einem Ort zu konzentrieren, reduzierte den Transportaufwand für das Bühnenequipment und die Crew. In einer klassischen Welttournee hätte Adele mit ihrer Produktion zahlreiche Städte bereist, was Lkw- und Flugtransporte mit sich gebracht hätte. Dennoch zeigt die CO₂-Bilanz der Münchner Konzerte, dass das größte Problem nicht der technische Aufwand, sondern die individuelle Mobilität der Zuschauer war.

Nachhaltigkeitsexperten kritisieren, dass es keine gezielten Anreize gab, um klimafreundlichere Anreisemethoden zu fördern. Ein Beispiel, wie es anders gehen kann, liefert Coldplay: Die Band integriert nachhaltige Mobilitätsoptionen in ihre Tourplanung, indem sie mit Bahnunternehmen kooperiert und vergünstigte Zugtickets anbietet. Eine ähnliche Initiative für Adeles Fans hätte die Umweltbilanz der Events deutlich verbessert.

Die Konzertarena direkt am Flughafen – ein müdes Lächeln für den Klimaschutz?

In Zukunft könnten sich die Herausforderungen für nachhaltige Events in München weiter zuspitzen. Geplant ist eine neue hochmoderne Veranstaltungshalle direkt am Flughafen München, die ab 2028 Konzerte mit bis zu 20.000 Besuchern aufnehmen soll. Laut einem Gutachten ist zu erwarten, dass pro Konzert rund 1.500 Zuschauer mit dem Flugzeug anreisen werden. Dies wirft eine brisante Frage auf: Verschärft die neue Venue das Problem der CO₂-Emissionen durch Flugreisen?

Obwohl die Arena als „klimaneutrales Konzertzentrum“ beworben wird – mit nachhaltiger Architektur, Solarenergie und optimierten Energieeffizienz-Maßnahmen – bleibt die Mobilität der Besucher der größte Unsicherheitsfaktor. Kritiker befürchten, dass der Standort direkt am Flughafen eher zusätzliche internationale Konzertbesucher anzieht, anstatt nachhaltige Mobilität zu fördern. Falls sich dieser Trend verstärkt, könnte sich die CO₂-Bilanz von Events dort sogar verschlechtern.

Quellen:

  1. Adeles Fußabdruck in der Atmosphäre – Frankfurter Rundschau
  2. Adele in Munich — Ein Event der Superlative, auch bei den CO₂-Emissionen – Julian Vogels
  3. Grünes Licht: Deutschlands erste klimaneutrale Konzertarena kann gebaut werden – Munich Arena

Livestream am Mittwoch, 26. März 2025 um 14.00 Uhr:

Zu diesem Thema sendet mothergrid einen Livestream mit Jörg Müller von der Edelweiß-Society. Mit über 30 Jahren Erfahrung als Produktionsleiter für Großevents berät er Verbände und Institutionen zur Integration nachhaltiger Konzepte in die Eventbranche. Er entwickelt Simulations- und Berechnungstools zur CO₂- und Wasserbilanzierung, hält Seminare für TÜV SÜD sowie die Medienakademie ARD/ZDF und forscht zu nachhaltiger Bildung in Veranstaltungen. Derzeit arbeitet er an seiner Dissertation zu diesem Thema.

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