Der Fall Dany Rau: Zermürbungstaktik?

(Der Aufmacher-Livestream stammt vom 6. Januar 2021)

Dany Rau und sein Anwalt Michael Augustin sehen es so: Im März 2020 wurden tausende von Soloselbständigen, bedingt durch die Corona-Pandemie, mit einem Tätigkeitsverbot durch die auf dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) basierenden Coronaverordnungen belegt. Den weiteren Verlauf der Geschehnisse haben die beiden so dokumentiert:

„Entschädigungen sind im Wortlaut des IfSG nur für diejenigen vorgesehen, die sich mit dem Virus angesteckt hatten und dadurch in Quarantäne mussten. Allen anderen, die durch das Berufsverbot in finanzielle Existenzbedrohung kamen, wurde ein „Sonderopfer“ auferlegt. Stellt man Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“ dagegen, so schien dieser für das Infektionsschutzgesetz nicht zu gelten. Die eilig gepackten Soforthilfeprogramme der Regierung zeigten ein weiteres Defizit, denn die Hilfen kamen aufgrund bürokratischer Hürden und mangelnde Zielgenauigkeit gar nicht oder nicht ausreichend bei den Betroffenen an.

Genauso ging es Dany Rau, der gemeinsam mit seinem Anwalt Michael Augustin eine Lösung aus dieser prekären Situation suchte. Sie waren sich einig, dass das Grundrecht der Berufsfreiheit nicht einfach so – und sei es auch aufgrund legitimer Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung – eingeschränkt werden kann, ohne dass dem Betroffenen ein Entschädigungsanspruch zugesprochen wird. Sie reichten Entschädigungsklagen auf entgangene Einkünfte ein, auch um diese gravierende Lücke im Infektionsschutzgesetz aufzuzeigen und vom Bundesverfassungsgericht festzustellen.

Doch auch in dieser Hinsicht übernahm die Bürokratie die Federführung und so mussten die Anträge statt an einer zentralen Stelle, überall dort gestellt werden, wo Dany eine Veranstaltung und dadurch Einnahmen gehabt hätte. Ergebnis bis dato: 11 Klagen in 10 Bundesländern. Die nächste Hürde, nämlich welches Gericht zuständig ist, ließ nicht lange auf sich warten. Bis zum 18.11.2020 sah die gültige Fassung des IfSG den Zivilrechtsweg vor. Seit der Reform am 19.11.2020 wurde rechtsgültig der Verwaltungsrechtsweg vorgeschrieben. Jedoch können die bescheidenden Behörden je nach Ermessen und rechtlicher Bewertung, den einen oder anderen Rechtsweg zur Klageerhebung vorgeben, unabhängig wann der Antrag auf Entschädigung gestellt oder beschieden wurde.

Von Danys Klagen wurden neun bei Verwaltungsgerichten und zwei bei Amtsgerichten von den Behörden beschieden. Gerichtsbarkeit geklärt? Weit gefehlt, wie das aktuelle Beispiel von drei der Klagen zeigt.

Vom Verwaltungs- zum Landgericht und wieder zurück

In einem Beschluss vom März 2021 erklärte das Verwaltungsgericht Berlin, dass der Verwaltungsrechtsweg unzulässig sei und dass der Rechtsstreit an das Landgericht verwiesen wird. Der Verweis an das Landgericht Berlin wurde nach einer Beschwerde von RA Augustin vom Oberverwaltungsgericht bestätigt. Im Mai 2021 erklärte wiederum das Amtsgericht Dresden den Zivilrechtsweg für unzulässig und verweist das Verfahren an das Verwaltungsgericht.

Hiergegen hat aber die Gegenseite wiederum Beschwerde eingereicht. Dieser wurde vom Oberlandesgericht stattgegeben und das Verfahren beim Amtsgericht belassen. Damit nicht genug, hatte sich kurz darauf die gegnerische Partei im Verfahren Daniel Rau vs. Land Hessen gemeldet und hat, sich berufend auf das Urteil des OVG Berlin, die Verweisung vom Verwaltungsgericht Darmstadt, bei dem das Verfahren anhängig ist, zum Landgericht beantragt. Dieser Antrag wurde aber abgelehnt und somit verbleibt dieses Verfahren beim Verwaltungsgericht.

Ausblick: Seit 14 Monaten nach wie vor kein Einkommen, keine Entschädigung für das faktische Berufsverbot und die rasante Dezimierung der Altersvorsorge als einzige Möglichkeit zum Existenzerhalt. Dazu keine Rechtssicherheit hinsichtlich der Zuständigkeit der Gerichte. Das Hin- und Herschieben der Verfahren kostet Zeit, Geld und Nerven und zeigt, das den Gerichten an einer schnellen Klärung nicht gelegen ist.

Zermürbungstaktik?

Nun kommt Bewegung in die Verfahren. Am Dienstag, 14.09.2021 um 10:00 Uhr beim Landgericht Berlin / Sitzungssaal E206 2.Etage Erweiterungsbau, Tegeler Weg 17-21, 10589 Berlin und am Dienstag, 21.09.2021 um 09:00 Uhr, Amtsgericht Neumünster / Sitzungssaal B 020, Boostedter Str. 26, 24534 Neumünster wird es die ersten Hauptverfahren geben, zu denen auch die Öffentlichkeit zugelassen ist.
Nachdem die Berliner Band Culcha Candela bereits mit Dany im RBB und Max Herre bei ZDF frontal ihre Unterstützung sehr eindringlich gezeigt haben, wird nun auch Bela B. / Die Ärzte in einer neuen Folge am Mittwoch 08.09. bei RBB zibb zu sehen sein. Bleibt zu hoffen, dass endlich die brisante Situation der Soloselbständigen wahrgenommen und Gerechtigkeit geschaffen wird.“

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